Wie wir unsere natürliche Bewegung wieder finden können

Geschrieben von Marie Heintges

Feb 24, 2019

24. Februar 2019

Wenn du mich fragst, liegt eines der größten Probleme unserer Industrie- und Informationsgesellschaft im Mangel an vielseitiger und natürlicher Bewegung.

Ob im Office oder zu Hause, vor dem Computer oder dem iPhone: unnatürliche Bedingungen und mehr Einseitigkeit denn je schaffen für den Körper die perfekte Grundlage für Fehlhaltungen und UnbeweglichkeitAuf Dauer unterfordert das den Körper nicht nur, sondern führt zu körperlichen Problemen, Unwohlsein und Schmerzen. 

Körperwahrnehmung und Bewegungsvariation

Methoden wie Primal Moves, Animal Movement, Calisthenics oder Natural Movement zeigen Bewegungsformen auf, die weg von Einseitigkeit zu abwechslungsreicher, kreativer, instinktiver und natürlicher Bewegung gehen. Im Feldenkrais, der Alexandertechnik oder bei der Sensomotorik nach Hannah Somatics  lernen wir unsern Körper in Mikrobewegungen wahrzunehmen (Kinästhesie).

Sorry wenn ich mit Fremdworten um mich werfe. Also was haben diese Methoden alle gemeinsam? Das grundlegende Prinzip ist, unseren Körper wieder vielfältig zu bewegen, ‚vergessene‘ Bereiche anzusteuern und in Bewegung zu bringen. Das kann im Training, aber auch einfach im Alltag zwischendurch sein.

Die Vorteile sind Bewegungskompetenz, weniger Schmerzen und eine bessere Haltung.

Wie kann ich mich natürlich bewegen?

1. Nimm deine Gewohnheiten wahr

Beispiel:

Ein Gärtner erntet sein Leben lang Gemüse, indem er sich mit dem Oberkörper vornüber beugt, leicht in die Knie geht, und seinen linken Unterarm über dem linken Knie abstützt. Mit der rechten Hand arbeitet er am Boden um zum Beispiel Gemüse aufzusammeln oder Unkraut zu jäten.

Für ihn ist es zur Gewohnheit geworden, immer nach links gebeugt zu arbeiten. So kommt er gar nicht mehr auf die Idee, die andere Seite zu benutzen – was die Haltung wieder ausbalancieren würde. Der Grund ist, dass es sich für ihn ungewohnt (und wahnsinnig umständlich) anfühlen würde, wenn er die andere Hand zum arbeiten verwendete. 

Was anfangs Gewohnheit war, ist bei ihm Dauerzustand geworden. Selbst wenn er sich aufrichten und gerade stehen wollte, würde ihm das nicht richtig gelingen. So sieht man mittlerweile deutlich eine Verkürzung auf der gesamten linken Vorderseite: nach vorne und zur linken Seite.

Der Körper hat sich dem Haltungsmuster angepasst. Die Muskeln auf der linken Vorderseite sind dauerkontrahiert und die Strukturen verkürzt. Wenn der Körper nicht mehr alle Muskeln anzusteuern weiß, spricht man auch von Sensomotorischer Amnesie – Selbst wenn der Mann geht oder steht, ist deutlich eine Beugung nach links und vorne zu sehen – und zwar immer noch, wenn er lange Zeit nicht gearbeitet hat.

Selbst wenn er sich aufrichten und gerade stehen wollte, gelänge ihm das nicht mehr richtig

Das Beispiel verdeutlicht, aus Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten können Dauerzustände werden. Genau so ist es nach Trauma und Unfällen. Der Körper sucht sich einen ‚Weg um den Schmerz herum‘ und nimmt eine andere Haltung an.

Nur, wenn du dir darüber überhaupt bewusst wirst, kannst du mit Änderung beginnen. 

Beobachte dich hierzu einfach mal in verschiedenen Alltagssituationen. Sei es wie du die Einkaufstüten trägst, wie du auf dem Stuhl sitzt, welche Seite zu mehr belastest, wie du stehst, oder wie du Sachen vom Boden aufhebst.

2. Stretch und beweg‘ dich intuitiv

Durch Abwechslung und Hinspüren wird unser Körper wieder ganzheitlich gefordert, unser Gehirn lernt vergessene Bewegungsmuster neu und Muskeln, Knochen und gesundes Gewebe bauen sich wieder auf.

Einfache Beispiele im Alltag

Was macht eine Katze nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf? Richtig, sie streckt und reckt sich erst mal genüsslich aus. Ähnlich wie sie liebe ich es mich immer nach dem Aufwachen noch im Bett erst mal gut auszustrecken. Genau so mache ich es nach längeren Sitzeinheiten bei der Arbeit: entweder auf dem Stuhl oder ich stehe kurz auf und bewege mich, rolle meine Schultern, verschränke meine Hände hinter dem Rücken und strecke sie nach hinten und oben aus. 

Oft gehe ich da nicht mehr nach bestimmten Mustern vor, sondern bewege, strecke und dehne mich intuitiv so wie es sich gut anfühlt.

Wenn du dich damit im Büro oder in der Öffentlichkeit unwohl fühlst, kannst du das natürlich auch zu Hause machen oder wenn niemand zusieht. Die Bewegungen dürfen intuitiv und sinnlich sein: erlaube dir, in dich hinein zu spüren. Wo fühlst du gerade, dass dein Körper sich nicht richtig bewegen lässt? Arbeite dich langsam und achtsam vor und versuch’ dir Hilfe durch deinen Atem zu holen! Siehe hierzu der Abschnitt zum Atmen weiter unten.

3. Ganzheitliches Training mit dem Körpergewicht: Animal flow, Calisthenics, Yoga

Trainings wie Animal Flow oder Calisthenics sind auf dem Vormarsch. Diese von Tieren und ursprünglichen Bewegungsformen inspirierten Trainings eignen sich fantastisch, um deinen Körper ordentlich herauszufordern. Hierbei werden unterschiedliche Muskelgruppen angesprochen und du trainierst auf perfekte Weise deine Faszien. Damit verbesserst du nicht nur deine Fähigkeit, dich besser zu bewegen, sondern bringst deine Haltung auch wieder auf Vordermann.

Hier findest du Übungen zum Animal Flow

Auch Yoga und Faszientraining eignen sich super, um den ganzen Körper durch Drehungen, Vorbeugen, Rückbeugen, Balanceübungen und ganzheitliches Training in verschiedenen Winkeln und Variationen zu trainieren.

Wenn ich wieder zu lange am Schreibtisch gesessen habe, benutze ich gerne mein Yoga Wheel von YoWhee, womit du dich im Oberkörper vorne super öffnen kannst. 

Ein Faszientraining ergänzt du perfekt mit einer Faszienrolle. 

 

Übungen für mehr Beweglichkeit

Yoga Squat

Eines der bekanntesten Übungen aus dem Natural Movement ist der Yoga Squad. In dieser Vorbeuge kniest du dich mit beiden Beinen hin und versuchst dabei, die Fußsohlen flach auf dem Boden zu lassen.

Die Haltung sieht man oft bei kleinen Kindern oder Menschen in Asien, die meist stundenlang in dieser Haltung verharren können (z.B. beim Kochen oder bei der Feldarbeit). Wenn du diese Übung öfter machst, erhöhst du deinen Bewegungsspielraum am Fußrücken und Schienbein und gibst deinem unteren Rücken und Leistengegend wieder mehr Raum. Ausserdem wird die Verdauung verbessert. Die Übung beugt einem Fersensporn und Rückenschmerzen vor. Am Anfang nicht ganz leicht, da viele von uns diese Haltung verlernt haben, aber es lohnt sich.

Barfußlaufen

Viele schwören auf Barfußlaufen da es die Haltung verbessern soll. Es schult ausserdem deine Balance und dein Körpergefühl. Durch die natürliche Bewegung der Füße werden viele kleine und tiefliegende Muskeln im ganzen Körper trainiert. 

Um die Wirkung vom Barfußlaufen überall haben zu können, gibt es mittlerweile sogar Barfußschuhe zu kaufen. 

Barfußschuhe die ich empfehlen kann kommen von Vivobarefoot, Senmotic oder für den Sommer die trendigen Highfeels von Yaminah.

Atmung

Als goldene Regel gilt, dass deine Atmung eine Art Guide für Bewegungen sein sollte. Im Alltag solltest du eine freie und gleichmäßige Atmung haben (mach dich nicht verrückt, das machst du meist schon automatisch und unbewusst).

Einatmung: Länge und Öffnung. Ausatmung: Vertiefung von Beugungen und Drehungen.

Vor allem beim Training, zum Beispiel im Yoga wo wir anspruchsvolle Bewegungen ausführen ist es total wichtig nie das Atmen zu vergessen und sich dabei synchron mit der Atmung zu bewegen. Die Regel ist, dass wir uns bei der Einatmung dehnen, strecken, nach oben greifen, groß werden. Bei der Ausatmung entspannen wir, rollen uns zusammen, oder vertiefen uns in Vorbeugen.

 

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