Was sind Faszien, und was haben verklebte Faszien mit Rückenschmerzen zu tun?

Geschrieben von Marie Heintges

Jun 20, 2017

20. Juni 2017

Hast du schon mal von Faszien gehört?

In den letzten Jahren standen Faszien ganz groß im Rampenlicht und stahlen den Muskeln fast die Show. Im Fitnessbereich und im Leistungssport gab es fast kein anderes Thema mehr. Sportler sprachen schon von einem ‚Faszienkater‘, und Wissenschaftler sahen in verklebten Faszien endlich die lang ersehnte Ursache für bisher unerklärlich Rückenschmerzen und chronische Schmerzen.

Falls du dich fragst, worum es hier überhaupt geht, bist du nicht allein. Als ich Rückenschmerzen bekam, hatte ich keine Idee, was Faszien sind und was sie mit meinen Rückenschmerzen zu tun haben sollen. Wenn ich dir eine Sache verraten kann: Durch die Arbeit mit meinen Faszien konnte ich den wahrscheinlich größten Einfluss auf meine myofaszialen Schmerzenn nehmen. Und ich bin mir sicher, dass du das auch kannst!

Lass uns dem Thema deshalb ein wenig mehr auf den Grund gehen…

Was sind eigentlich Faszien?

Faszien sind ein alles miteinander verbindendes Netzwerk. Sie ziehen sich durch unseren ganzen Körper. Von deinen Zehenspitzen bis zum Kopf. Sie sind Bindegewebe, Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln. Faszien bestehen aus Kollagen, viel Flüssigkeit und Elastin. Diesen Bestandteilen haben sie ihre Elastizität und Gleitfähigkeit zu verdanken – vorausgesetzt, unsere Faszien sind gesund. Faszien sehen aus wie ein flüssiges Spinnennetz, was scherengitterförmig und wellig angeordnet ist. Es ist schwer, Faszien in Bewegung zu sehen, vor allem im lebendigen, sich bewegenden Körper. Vielleicht ist das der Grund, warum ihnen bis vor kurzem kaum Beachtung geschenkt wurde. Mit einem neuartigen und hochauflösenden Ultraschallgerät, konnten Forscher der Uni Ulm Faszien jetzt im lebendigen Körper sichtbar machen. Was sie herausfanden: Faszien sind alles andere als unnützes Gewebe in unserem Körper.

Matrix des Lebens: Das alles verbindende Netzwerk im Körper

Faszien legen sich wie eine Hülle um deine Muskeln, Organe, Nerven und Knochen, um sie zu schützen und zusammenzuhalten.

Wenn unsere Faszien nicht wären, hätten Muskeln, Organe und Wirbelsäule keinen Halt und würden in sich zusammen fallen.

Vielmehr „schwebt“ unsere Skelettmuskulatur regelrecht in einem gigantischen myofaszialen Netzwerk und wird durch dieses getragen.

Was dadurch entsteht, ist ein alles miteinander verbindendes Netzwerk, das sich durch unseren ganzen Körper in sogenannten myofaszialen Ketten zieht. Nichts in unserem Körper ist getrennt voneinander.

Funktionelle Beschwerden, die schon über längere Zeit bestehen, machen also weniger Sinn, einseitig an Geräten trainiert zu werden, oder mit ein paar Griffen vom Therapeuten wieder zurecht gerückt werden. Faszien formen unseren Körper und bilden eine veränderliche Grundmatrix, die sich an unsere Bewegungs- und Haltungsmuster anpasst.

Nicht die Knochen halten deine Muskeln. Deine Muskeln und Faszien halten deine Knochen, und halten sie in Balance.

Sinnesorgan der Körperwahrnehmung: Embodiment

Unsere Faszien bestimmen über unsere Körperwahrnehmung und unsere Bewegungskoordination – auch Propriozeption. Und nicht nur das, sie haben sogar großen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Faszien sind durchzogen von Nervenzellen und Sinnesrezeptoren, die unserem Gehirn Rückmeldung über die Position und Anspannung deiner Muskeln geben. Sie entscheiden auch, ob und wie gut wir uns in unserem Körper zu Hause fühlen. Man nennt das auch Embodiment. Das ist der Grund, warum man Faszien als Teil unserer Sinne betrachtet. 

Kannst du dich an deine fünf Sinnesorgane erinnern? Du siehst mit deinen Augen, fühlst mit deiner Haut, riechst durch die Nase, hörst mit den Ohren und schmeckst mit deiner Zunge. Die Propriozeption, also die Körperwahrnehmung mit deinen Faszien kannst du zu deinem sechsten Sinn zählen!

Faszien reagieren besonders sensibel auf Stress.

Was man neu herausgefunden hat ist, dass Faszien sich autonom als Antwort auf Stresshormone zusammenziehen, verspannen und wieder entspannen können, unabhängig von der Skelettmuskulatur. Das kommt bei chronischen Schmerzerkrankungen ganz oft vor.

Die Spannung regelt unser autonomes Nervensystem. Eine Aktivierung des Sympathikusnervs, der für unwillkürliche Körperregulationen zuständig ist, verändert die Spannung in den Faszien, weshalb sie sich zusammenziehen.

Interessant ist dabei: auch das Gegenteil ist der Fall! Wir fühlen uns emotional gestresster, stehen unsere Faszien unter einer hohen Grundspannung. Wir fühlen uns dann viel schneller unwohl, unkonzentriert, ängstlich, gestresst, angespannt, sensibel, dünnhäutig, gereizt oder erschöpft. Unser körpereigenes Netzwerk scheint in einer wechselseitigen Beziehung mit unseren Emotionen zu stehen.

Meiner Meinung nacht stellen unsere Faszien die Brücke zwischen körperlicher und emotionaler Ebene her.

Sind verklebte Faszien die Ursache für medizinisch “unerklärliche“ und chronische Rückenschmerzen?

Faszien sind aufgrund der eben beschriebenen Eigenschaften so interessant für Leute mit Rückenschmerzen und Verspannungen, besonders, wenn es sich dabei um die vielen Menschen mit „unerklärlichen“ oder „psychosomatischen“ Schmerzen handelt.

Zum Problem wird es nämlich, wenn Faszien ihre Gleiteigenschaft und Elastizität verlieren und Entzündungsprozesse im Gewebe entstehen. 

Die Elastinanteile werden durch zähes, kaum dehnbares Kollagen ersetzt. Das faserige Gewebe, welches vorher ziemlich ordentlich und strukturiert aussah, verklebt und verfilzt und wird zum wilden „Wollknäuel“. Das kann man sich in etwa so wie auf diesem Bild vorstellen:

© by Dr. Robert Schleip (www.fascialnet.com) [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Wahrnehmungsübung: Die Dehnrezeptoren der Faszien spüren

Stelle dich hin und streck’ dich mit deinen Armen nach oben, so weit du kannst. Stelle dir vor, du willst bis zum Himmel greifen. Fühlst du an einigen Teilen deines Körpers eine Zugspannung? Strecke dich ganz weit nach links und nach rechts oben aus.

Spürst du ein leichtes Ziehen um die Hüften herum, oder an den Seiten deines Oberkörpers? Das, was da so spannt, sind die Dehnrezeptoren in deinen Faszien. Ein breitflächiges Ziehen in der Dehnung ist meist ein Zeichen für verklebte Faszien.

Was sind die Hauptursachen für verklebte Faszien?

Bewegung, oder besser gesagt fehlende Bewegung gewinnen absolut das Rennen um den Platz als Hauptverursacher für verklebte Faszien. Unsere Faszien werden unelastisch und verfilzen durch zu langes Sitzen in einseitiger Haltung, durch monotone Bewegungen, und durch ungesunde, einseitige Bewegungsmuster.

Überall dort, wo über längere Zeit keine Bewegung statt findet oder ein ungleiches Verhältnis von Bewegung da ist, kommt es zu Problemen.

Neben einseitiger oder falscher Bewegungs- und Haltungsmuster gibt es aber noch ein paar andere Ursachen, die einen ziemlich schlechten Einfluss auf unsere Faszien haben:

Emotionaler Stress und Traumata, ungesunde Ernährung, Unfälle, Verletzungen und Narben, und toxische Umwelteinflüsse.

Die aus dem Lot geratenen faszialen Spannungen und Muskelfunktionen führen zu Fehl- und Schonhaltungen. Wir fühlen uns eingeschränkt in unserer Bewegung und verlieren an Bewegungskoordination und Körpergefühl. Da die Beweglichkeit von Muskeln, die von faszialem Bindegewebe umhüllt werden, eingeschränkt wird, kommt es auch häufiger zu Sportverletzungen. Unter uns gesagt: eigentlich müsste man die Schmerzen nach zu viel Sport  “Faszienkater” nennen, und nicht Muskelkater.

Ungesunde, verfilzte Faszien führen zu Schmerzen. Die Art von Schmerzen, die man bisher oft für unspezifisch oder psychosomatisch gehalten hat.

An meinem eigenen Körper fühlte sich das früher so an, als wenn sich ein verfilztes Netz um meinen Brustkorb legen würde. Immer, wenn ich tief eingeatmet habe, hat sich das in einem widerspenstigen Ziehen geäußert. Ich fühlte mich damals durch meine eigene Unbeweglichkeit und Starrheit in vielen Bewegungen unwohl in meinem Körper. Das Problem war: Ich nahm diese Unbeweglichkeit gar nicht wahr. Viele meiner Bewegungen waren regelrecht eingeschränkt und das wiederrum hatte starken Einfluss auf mein psychisches Empfinden. Ich war angespannt, nervös, unruhig und ängstlich.

Was kannst du gegen verklebte Faszien tun?

Die Arbeit mit meinen Faszien hat mir entscheidend dabei geholfen, zurück zu einem schmerzfreien Körper zu finden, in dem ich mich wohl und gelöst fühle und mich freier bewegen kann.

Ich habe dir in meinem Guide aufgeschrieben, wie du verklebte Faszien lösen und wieder schmerzfrei werden kannst. Du kannst ihn dir hier kostenlos downloaden.

Mir liegt dieser Artikel besonders am Herzen. Durch die Entdeckung der Faszien und ihrer Bedeutung für Schmerzen habe ich endlich angefangen, meine Rückenschmerzen zu verstehen. Waren meine Schmerzen vorher für mich ein einziges großes Rätsel, ergab auf einmal alles mehr Sinn.

Muskeln, Knochen und Organe sind nie getrennt voneinander zu betrachten, sondern über ein riesiges fasziales Netzwerk in sogenannten myofaszialen Ketten miteinander verbunden. Eben in diesem faszialen Gewebe speichern sich Ereignisse unserer gesamten Lebensgeschichte ab. Unsere physischen und psychischen Traumata. Unsere Überzeugungen und Einstellungen. Unsere Verletzungen und unsere Bewegungsgewohnheiten, die am Ende unseren Körper so formen, wie er heute ist.

Dieses Bewusstsein kann uns endlich eine Erklärung für bisher vieles Unerklärtes geben. Wir können unseren Körper jetzt mehr als ein Ganzes begreifen.

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Deine Marie 

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2 Kommentare

2 Kommentare

  1. Herzlichen Dank für den wertvollen Artikel! Toller Blog.

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    • Hi Luca – sehr gerne. Es freut mich, wenn es den Lesern gefällt. Danke für das positive Feedback. Marie

      Antworten

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